2 WEG DER ABTEILUNG „CERVI“
ETAPPEN: VETTO > LEGORECCIO
Auf der Karte sind folgende historische Orte markiert:
1 Denkmal für die gefallenen Partisanen
2 Denkmal für die Abteilung „Cervi“
3 Sitz des Kommandos in Costa
4 Zufluchtsort auf dem Monte Piano
5 Massaker von Legoreccio
Routeninformationen
Höhenmeter 1085 mt
ZEITZEUGNISSE
Ein deutscher Unteroffizier ging zu seinem Hauptmann und zum Leutnant der faschistischen Milizen und sie setzten sich auf ein Mäuerchen. Als einer meiner Bewacher auch zum Hauptmann kommen sollte, bot sich ein anderer an, ein Auge auf mich zu werfen. Den bat ich, ins Haus gehen zu dürfen, um mir eine Jacke zu holen. Er antwortete: ‚Ja, aber ich komme mit.‘ Zurück im Haus nahm ich die Jacke, die er untersuchte und in deren Tasche er drei Mark fand. ‚Ah’, schrie er: ‚du hast einen Deutschen umgebracht und ihm das Geld abgenommen!’ Ich sagte: ‚Ich habe in Deutschland drei Jahre lang gearbeitet.‘ – ‚Immer bei demselben Arbeitgeber?‘ fragte er mich. ‚Ja‘, habe ich geantwortet. -‚In welcher Gegend?‘ – ‚In Niedersachsen.‘ – ‚Ah, in meiner Heimat!‘ rief er. Und er versprach mir: ‚Wenn ich kann, rette ich dich.’ Dann brachte er mich zu einem Bauern hier in der Nähe und gab mir einen Milchkaffee und eine Scheibe Salami. Ich bekam die Salami nicht hinunter, weil ich den toten Partisanen mitten auf der Straße liegen gesehen hatte. Ich wartete, bis der Unteroffizier in eine andere Richtung schaute und spuckte sie schnell auf den Boden. Dann kehrten wir zum Hauptmann zurück und dem sagte er: ‚Den habe ich aus seinem Haus geholt, der müsste freigelassen werden.’ Der Hauptmann schaute zum Leutnant der faschistischen Miliz und machte ihm durch ein Zeichen klar, dass er mich zusammen mit sechs weiteren Gefangenen nach Buvolo transportieren sollte, wo sie ein Mittagessen in der Osteria Picchi bestellt hatten. Hinter dem Gebetshaus waren die Deutschen und die Faschisten, sie verhörten und prügelten diese Partisanen. Sie durchsuchten sie nach irgendwelchen Sachen, dann ließen sie einen nach dem anderen mit erhobenen Händen herunterkommen und in den Innenhof gehen. Meine Frau hatte mir einen Stoffbeutel mit Äpfeln zugesteckt, aber ein Leutnant der Milizen kam näher und sagte: ‚Du bist es nicht wert, diese Sachen zu essen.‘ Er riss sie mir aus der Hand und aß vor meinen Augen die Äpfel auf. Auf der Fahrt nach Buvolo sagte der deutsche Unteroffizier immer mal wieder zu mir: ‚Wenn ich kann, rette ich dich.‘ Er hielt sein Versprechen! Während die anderen aßen, bekam er vom Hauptmann die Erlaubnis, mich gehen zu lassen, indem er argumentierte: ‚Die Partisanen habt ihr gefangengenommen. Damit habt ihr euer Ziel erreicht. Den hier habe ich in seinem Haus angetroffen, wo er mit seiner Familie war. Er ist Zivilist, der sollte nicht getötet werden. Oder bringt ihr nach Belieben alle um, die euch über den Weg laufen?’ Er hat mir dann geraten: ‚Geh rauf zur Straße und bleib auf ihr, wenn nicht, bringt dich irgendwer im Gelände um. Nimm die Straße und versuche, nach Hause zu kommen. Wenn sie dich nochmal gefangen nehmen und runterterbringen, werde ich wieder dafür sorgen, dass du frei kommst. Aber bleib auf der Straße.’ Das tat ich dann auch.
Als ich im Dorf ankam, fragte ich meinen Vater, wo die Partisanen seien, die im Innenhof geblieben waren. Er antwortete mir: ‚Da drin stehen drei Karren. Auf jedem sind sechs Tote.’ Kurze danach kam ein Partisan, der sagte, ich solle zum Friedhof von Crovara gehen, wo wir sie beerdigen sollten. Wir haben das Loch gegraben. Sie haben den ersten Karren dorthin gebracht und als ich sah, dass bei einer der Leichen das Blut noch aus dem Mund lief, habe ich gesagt: ‚Ich halte das hier nicht aus, ich muss abhauen.’ Ein Partisan hat mir geantwortet: ‚Wenn das alle so machen würden ….’ Ich habe wiederholt, dass mir übel wird und bin abgehauen. Sie haben dort alle 18 zusammen in einem Gemeinschaftsgrab bestattet, nur in Fallschirmstoff eingewickelt.“
Übersetzung von Auszügen aus: Delmiro Rabotti, in A.Nobili, L’eccidio di Legoreccio, Comune di Vetto, 2002, pp. 18-19
Gedenktafel über dem Eingang des Patrizierhauses
in Legoreccio, 2007
Der Mispelbaum des Partisanen
Im Herbst 1944 muss sich der Partisan „Volpe“ Francesco Bertacchini wegen eines starken rheumatischen Fiebers von seiner Abteilung „Fratelli Cervi“ (Brüder Cervi) lösen, um sich in der Krankenstation von Pieve San Vincenzo behandeln zu lassen. So entgeht er dem Massaker an seiner Einheit in Legoreccio. Einige Zeit darauf übernehmen „Volpe“ und seine neue Abteilung „L’Antifascista“ (Antifaschist) die Position der Abteilung „Cervi“ und lassen sich in Legoreccio nieder. Auf den ungewöhnlichen Befehl ihres Kommandanten „Falco“ Zini hin graben „Volpe“ und andere Partisanen einen jungen Mispelbaum aus und pflanzen ihn hinter der Bar ein. Über Jahrzehnte wurden die Früchte des Baumes immer dann reif, wenn Mitte November die Gedenkveranstaltungen für das „Cervi“ stattfanden. Den alten Baum gibt es nicht mehr. Aber 2011 wurde hinter dem Denkmal eine neue „Partisanenmispel“ gepflanzt.
HISTORISCHER KONTEXT
Das Gebiet um Reggio Emilia und insbesondere die Bergregion sind im Zusammenhang mit den deutschen militärischen Aktivitäten von großer Bedeutung: erst während ihres Rückzugs nach Norden sowie später entlang der Goten-Linie. Aus eben diesen Bedingungen werden die repressiven Strategien gegenüber den Partisanenformationen abgeleitet. In der ersten Phase (Januar bis Juli 1944) versuchen die Deutschen zu verhindern, dass sich die Partisaneneinheiten in den Bergzonen festsetzen. Sie unternehmen dazu eine Reihe von Durchkämmungsaktionen und „präventiven“ Massakern, wie das 20. März 1944 in Cervarolo (Reggio) und in Monchio, Susano und Costringano (Provinz Modena). Diese Aktionen führen zu mehr als 150 Opfern unter der unbeteiligten Zivilbevölkerung. Ziel der Deutschen ist es, eine von Partisan:innen „gereinigte“ Zone nördlich des Apennin zu schaffen, was in Anbetracht des zu erwartenden Rückzugs im Sommer von entscheidender Bedeutung sein kann. Strategisch gleich wichtig ist die Verteidigung der großen Verbindungswege zur Front. Jeder Angriff auf deutsche Truppen wird grausam gerächt, entweder mit sofortigen Vergeltungsmaßnahmen wie im Falle des Massakers von Bettola (32 getötete Zivilisten) oder mit länger geplanten Aktionen wie der „Operation Wallenstein“ in den Monaten Juni bis Juli 1944. Mit dieser Aktion soll nicht nur verhindert werden, dass sich die Partisaneneinheiten um die Republik von Montefiorino in aller Ruhe organisieren und festsetzen können. Es sollen zudem Zwangsarbeitskräfte für die Industrie des Deutschen Reichs eingefangen werden. Durchkämmungsaktionen, Vergeltungsmaßnahmen und Deportationen sind die Mittel, die die Deutschen einsetzten, um die Partisanenbewegung zu zerschlagen oder zumindest einzudämmen. All das in enger Zusammenarbeit mit den italienischen Faschisten. Den Einheiten der Partisan:innen gelingt es jedoch dank der Unterstützung durch die Bevölkerung und mit der logistischen und militärischen Hilfe der Alliierten, bis zum Kriegsende zu wachsen und sich zu entwickeln. Sie behalten die Kontrolle über große Teile der Reggianer Gebirgsregionen. Schon im Juni 1944 sind die italienischen Faschisten gezwungen, alle ihre Stützpunkte und Kasernen in den Bergen aufzugeben und bei ihrem letzten Versuch eine Bresche in die Partisanenstellungen zu schlagen, werden sie am 25. Mai beim Gefecht an der Brücke „Ponte della Governara“ aufgehalten und erleiden erhebliche Verluste.
Angesichts der umfassenden Kontrolle großer Gebiete durch die Partisan:innen beschränken sich die Deutschen in der zweiten Phase (Herbst/Winter 1944) darauf, die Kontrolle über die Staatsstraße SS 63 zu behalten. Sie richten eine Reihe von bewaffneten Stützpunkten entlang der Staatsstraße ein. Desweiteren werden hin und wieder Durchkämmungs- und Vergeltungsaktionen gestartet, die häufig von den spezialisierten Einheiten der Anti-Guerilla-Schule (Lehrstab für Bandenbekämpfung) angeführt werden. Ein Stützpunkt des Lehrstabs war zunächst in Pantano, dann in Ciano d’Enza. Von hier wird das Tal des Flusses Enza mit Tötungen und Verwüstungen übersät. Zu den Aktionen des Lehrstabs für Bandenbekämpfung gehören das Massaker in Legoreccio, der Angriff auf Rabona und dutzende von Erschießungen in Ciano d’Enza. Nach der zeitweiligen Selbstauflösung der Partisaneneinheiten während der großen Durchkämmungsaktionen im Sommer gelingt es der Resistenza jedoch, sich unter militärischen Gesichtspunkten neu zu organisieren und sich den Durchkämmungs- und Vergeltungsaktionen im Januar und April 1945 mit strukturiertem Widerstand wirkungsvoll entgegenzustellen.
TOURISTISCHE INFORMATIONEN
RISTORANTE PIZZERIA AL DAINO
Piazza Marconi 1, Vetto
tel. 0522 815172
Montag geschlossen sowie den ganzen Monat Oktober
BAR RISTORO EUROPA
IL PONTACCIO
TRATTORIA PIZZERIA SERENA
Via Pineto 14/a, Vetto
tel. 0522 812341
Montag geschlossen
Weg der Entscheidung
- Schwierigkeitsgrad: Mittel
- Dauer: 7 h
- Höhenmeter: 1152 mt
Weg der Abteilung „Cervi“
- Schwierigkeitsgrad: Gering
- Dauer: 7 h
- Höhenmeter: 1085 mt
Weg des zivilen Widerstands
- Schwierigkeitsgrad: Gering
- Dauer: 3 h 30′
- Höhenmeter: 618 mt
Weg unter dem Alpe di Succiso
- Schwierigkeitsgrad: Gering
- Dauer: 4 h
- Höhenmeter: 535 mt
Weg der Johannisnacht
- Schwierigkeitsgrad: Gering
- Dauer: 5 h 30′
- Höhenmeter: 892 mt
Weg von „Carlo“
- Schwierigkeitsgrad: Mittel
- Dauer: 6 h
- Höhenmeter: 953 mt
Weg der Frauen
- Schwierigkeitsgrad: Gering
- Dauer: 6 h 30′
- Höhenmeter: 927 mt
Weg der Deserteure
- Schwierigkeitsgrad: Gering
- Dauer: 5 h
- Höhenmeter: 640 mt
Weg der Durchkämmungsaktionen
- Schwierigkeitsgrad: Mittel
- Dauer: 6 h
- Höhenmeter: 982 mt
Weg des Cerreto-Passes
- Schwierigkeitsgrad: Gering
- Dauer: 6 h
- Höhenmeter: 769 mt
Weg des „Blauen Hundes“
- Schwierigkeitsgrad: Mittel
- Dauer: 6 h
- Höhenmeter: 723 mt
Weg der Alliierten
- Schwierigkeitsgrad: Mittel
- Dauer: 6 h
- Höhenmeter: 1469 mt
Weg des bluten Osterfestes
- Schwierigkeitsgrad: Gering
- Dauer: 6 h
- Höhenmeter: 1000 mt
Weg des Anarchisten Enrico
- Schwierigkeitsgrad: Gering
- Dauer: 4 h
- Höhenmeter: 714 mt
Weg der Solidarität
- Schwierigkeitsgrad: Anspruchsvoll
- Dauer: 8 h
- Höhenmeter: 1566 mt
Weg der Befreiung
- Schwierigkeitsgrad: Gering
- Dauer: 5 h
- Höhenmeter: 290 mt